Kenntnisse über Zivilrecht & Co. sind für den Vereinsvorstand unerlässlich. Denn was ist, wenn doch einmal etwas passiert und sich Ihr Verein mit einer Klage konfrontiert sieht? Worauf müssen Sie sich als Vereinsvorstand einstellen? Welche Rechte und Pflichten haben Sie? Was gibt es zu beachten? Der VVS informiert Sie regelmäßig über die neuesten Entwicklungen in Zivilrecht & Co., die für Sie und Ihren Verein wichtig sind.

Unsere Vereins-Rechtstipps

Ehrenamtspauschale: Satzungsregelung immer notwendig?

Ein Leser fragt: Sie weisen in Ihren Publikationen darauf hin, dass es explizit in der Satzung verankert werden muss, wenn ein Vorstandsmitglied eine Ehrenamtspauschale bekommen soll. Was ist aber mit Ehrenamtlern (Mitglied oder kein Mitglied), die nicht Vorstandsmitglieder sind und über die Ehrenamtspauschale vergütet werden sollen? Muss dies dann auch grundlegend in der Satzung verankert sein? |

Antwort | Nein. Nur Vergütungen für die Vorstandstätigkeit erfordern wegen der Einschränkung des § 27 Abs. 3 BGB eine Satzungserlaubnis. Bei allen anderen ist nur darauf zu achten, dass die Satzung Vergütungen nicht verbietet ‒ etwa in Form einer Ehrenamtlichkeitsklausel. Einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Ehrenamtler und Verein bedarf es aber schon.

Quelle: IWW VereinsBrief, Ausgabe 08-2023, Seite 2

Endet Nutzungsrecht für Vereinslogo mit Ende der Mitgliedschaft?

Ein Mitglied hat für den Verein ein Logo oder andere urheberrechtlich geschützte Dokumente entworfen. Nachdem es sich im Streit vom Verein getrennt hat, will es dem Verein die weitere Nutzung untersagen. Kann es das gerichtlich durchsetzen? Nein, entschied jetzt das OLG Frankfurt a. M. |

Im konkreten Fall hatte ein Mitglied für den Verein ein Logo gestaltet, das vom Verein weiterhin genutzt wird. Nachdem es zum Zerwürfnis mit dem Verein gekommen war, schloss der das Mitglied aus. Daraufhin wollte das Mitglied dem Verein die Nutzung des Logos gerichtlich untersagen.

Das OLG wies die Klage ab. Das Mitglied habe dem Verein ein Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht an dem Logo eingeräumt. Dieses Nutzungsrecht sei nicht davon abhängig, dass der Urheber weiterhin Vereinsmitglied ist. Die Identifikation mit dem Verein spielt hier keine Rolle ‒ so das OLG. Zweck der Rechteeinräumung war, dem Verein für seine Außendarstellung ein Logo zu verschaffen. Dabei ist die Mitgliedschaft ohne Bedeutung. Das Mitglied könne die Rechteeinräumung auch nicht zurückrufen.

Das ist nach § 42 Urheberrechtsgesetz zwar möglich, wenn das Werk nicht mehr der Überzeugung des Urhebers entspricht. Eine solche ‒ die weitere Verwertung des Werks unzumutbar machende ‒ Veränderung sah das Gericht aber nicht. Zumindest hatte der Logo-Entwerfer sie nicht dargestellt. Seine pauschale Angabe, er sei aus dem Verein „rausgeschmissen“ worden bzw. der Gruppe auf verletzende Weise verwiesen worden, sei nicht ausreichend, um auf eine Unzumutbarkeit zu schließen (OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 16.05.2023, Az. 11 U 61/22, Abruf-Nr. 236441).

Quelle: IWW VereinsBrief 08-2023, Seite 1

PRAXISTIPP | Grundsätzlich kann das Nutzungsrecht an einem Logo oder anderen urheberrechtlich geschützten Werken stillschweigend eingeräumt werden. Der Verein ist aber besser geschützt, wenn er eine klare schriftliche Vereinbarung trifft, die den Rückruf des Nutzungsrechts ausschließt oder beschränkt.

Satzungsänderung mit Vorstandswahl

Satzungsänderung mit Vorstandswahl

Satzungsänderungen werden erst mit Eintragung ins Vereinsregister wirksam. Deswegen kann eine Änderung der Satzungsklausel
zur Vorstandsbildung mit anschließender Vorstandswahl problematisch sein.

Frage: Nach alter Satzungsregelung besteht der Vorstand aus drei Mitgliedern, von denen der erste und zweite Vorsitzende gemeinsam vertretungsberechtigt sind. Der zweite Vorsitzende ist zurückgetreten. Diese Gelegenheit möchten wir nutzen, um die Zusammensetzung des Vorstands zu ändern. Nach neuer Satzung soll es drei gleichberechtigte Vorstandsmitglieder ohne Amtsbezeichnung geben, von denen jeweils zwei gemeinsam vertretungsberechtigt sind. Können wir Neuwahl und Satzungsänderung in einem Zug durchführen?

Antwort: Sie müssen beachten, dass der vertretungsberechtige Vorstand die Anmeldung zum Vereinsregister vornehmen muss. Deswegen brauchen Sie eine Zwischenlösung.

Satzungsänderung wird erst mit Eintragung wirksam

Anders als Wahl und Rücktritt des Vorstands wird eine Satzungsänderung nicht sofort, sondern erst mit Eintragung ins Vereinsregister wirksam. Herrschende Rechtspraxis ist aber, dass auf Basis einer Satzungsänderung bereits Beschlüsse möglich sind. Allerdings werden diese Beschlüsse erst mit Eintragung ins Vereinsregister wirksam. In Ihrem Fall bedeutet das, dass Sie zwar nach dem Beschluss über die Änderung der Vorstandszusammensetzung den Vorstand wählen können. Seine Amtszeit beginnt aber erst, wenn die Satzungsänderung im Vereinsregister eingetragen ist.

Wirksam bestellter Vorstand muss sich anmelden

Die Anmeldung zum Vereinsregister muss durch den Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl erfolgen. Das kann und muss der neue Vorstand tun, weil er ja schon mit der Bestellung im Amt ist. Die Eintragung im Vereinsregister hat hier nur eine rechtsbekundende, keine rechtserzeugende Wirkung. In Ihrem Fall führt das zu einem Problem. Der neue Vorstand ist noch nicht im Amt, weil das die Eintragung der Satzungsänderung voraussetzt. Der alte ist nicht mehr vertretungsfähig, weil ein dafür erforderliches Mitglied fehlt.

Dennoch können Sie Satzungsänderung und Neuwahl des Vorstands in der gleichen Mitgliederversammlung vornehmen. Das erfordert lediglich eine Übergangslösung bei der Bestellung des Vorstands. Gehen Sie wie folgt vor:

  • Zunächst bestellen Sie den Vorstand nach alter Satzungsregelung. Hier würde es genügen, wenn Sie einen der künftigen Kandidaten in das vakante Amt nachwählen. Die Amtszeit dieses Vorstands befristen Sie bis zum Zeitpunkt der Eintragung der Satzungsänderung.
  • Dann beschließen Sie die Satzungsänderung.
  • Schließlich wählen Sie den Vorstand in neuer Zusammensetzung und legen den Beginn seiner Amtszeit auf den Zeitpunkt der Eintragung der Satzungsänderung ins Vereinsregister fest. Ist die erfolgt, kann sich der neue Vorstand zum Register anmelden.
Quelle: IWW VereinsBrief, Ausgabe 07 / 2023 | Seite 20
Anforderungen bei einem Minderheitenbegehren

Beantragen Mitglieder beim Registergericht die Einberufung einer Mitgliederversammlung auf Verlangen einer Minderheit, muss der Vorstand zunächst ausreichend Zeit und Gelegenheit erhalten, selbst eine beschlussfähige Versammlung einzuberufen.

Frage: In unserem Schulträgerverein kam es nach der Kündigung einer Lehrkraft zu erheblichen Streitigkeiten. Eine Mehrheit der Mitglieder will deswegen den Vorstand abberufen und hatte dazu mit der erforderlichen Minderheit beim Vorstand die Einberufung einer Mitgliederversammlung beantragt. Nachdem der Vorstand dem Antrag innerhalb von drei Wochen nicht nachkam, haben wir beim Registergericht den Antrag gestellt, uns zur Einberufung der Versammlung zu ermächtigen. Das Registergericht hat das Begehren zunächst zurückgewiesen mit der Begründung, die dem Vorstand gesetzte Frist sei zu kurz gewesen. Außerdem müssen wir nachweisen, dass wir eine neutrale Person mit der Versammlungsleitung beauftragen. Nun hat der Vorstand zwar eine Versammlung einberufen, aber nur einen Teil der Mitglieder eingeladen. Seiner Behauptung nach habe der Verein nur zwölf Mitglieder. Uns liegt aber eine Liste mit über 40 vor. Wie sollen wir jetzt weiter vorgehen?

Antwort: Zunächst haben sie keine andere Wahl, als den Vorgaben des Registergerichts zu folgen und abzuwarten, ob es eine Nachfrist setzt.

Einladung durch den Vorstand geht vor

Das Registergericht hat sicher Recht damit, dass die dem Vorstand gesetzte Frist zu kurz war. Er muss nicht nur die Ladungsfrist, die die Satzung vorgibt, beachten, sondern auch ausreichend Zeit haben, die Versammlung vorzubereite. Wenn der Vorstand jetzt mit der von Ihnen beantragten Tagesordnung zur Versammlung einlädt, ist er seiner Verpflichtung nachgekommen. Sie müssen zunächst abwarten, ob die Versammlung tatsächlich wegen Formfehlern nicht beschlussfähig ist. Sind tatsächlich Mitglieder nicht eingeladen worden, müssen sie die Beschlüsse der Versammlung mit dieser Begründung anfechten. Die Anfechtung kann ein Mitglied direkt bei der Versammlung zu Protokoll geben oder im Nachgang schriftlich vornehmen. Es genügt dabei, wenn Sie nachweisen, dass mindestens ein Mitglied nicht eingeladen wurde.

Nach dieser Anfechtung der Beschlüsse können Sie das Minderheitenbegehren weiter betreiben. Das Registergericht muss Ihrem Antrag dann aber nicht zwingend stattgeben. Es kann dem Vorstand auch erneut Zeit geben, zu einer beschlussfähigen Versammlung einzuladen.

Neutralität der ermächtigten Mitglieder nicht erforderlich

Eine „Neutralität“ der Mitglieder, die zur Einberufung der Versammlung ermächtigt werden, ist dagegen nicht gefordert. Das wäre auch widersinnig, weil regelmäßig Mitglieder ermächtigt werden und diese grundsätzlich parteiisch sind. Außerdem geht es hier lediglich um die Durchführung der Versammlung und nicht um eine richterliche Unbefangenheit. Die Entscheidung in der Sache liegt ja bei den Mitgliedern.

Quelle: IWW VereinsBrief, Ausgabe 03 / 2023 | Seite 20
Wann ist ein Vereinsname wegen Täuschung unzulässig?

Für Vereine wird aus dem Handelsrecht der Grundsatz der Namenswahrheit übernommen. Der darf aber nicht zu eng ausgelegt werden, wie ein Urteil des OLG Hamm zeigt.

Im konkreten Fall war ein Verein mit dem Namen „X Case Competition & Consulting e.V.“ zum Vereinsregister angemeldet worden. Das Registergericht lehnte die Eintragung mit der Begründung ab, der Name sei irreführend. Der Namensbestandteil „Consulting“ erwecke den Eindruck, es handle sich um ein wirtschaftliches Unternehmen. Das sah das OLG anders. Seit der Reformierung der Regelung des § 18 Abs. 2 HGB seien auch die Anforderungen an die Namenswahrheit im Vereinsrecht herabgesetzt. Es komme seitdem nicht mehr darauf an, ob die abstrakte Möglichkeit einer Täuschung über Art und Größe des Vereins, die Zusammensetzung seiner Mitglieder oder über sonstige Verhältnisse bestehe. Nur solche Angaben seien schädlich, die ersichtlich geeignet seien, über Verhältnisse irrezuführen, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich seien. Das war hier nicht der Fall.

Die Bezeichnung „Consulting“ ‒ so das OLG ‒ sagt für sich genommen nichts darüber aus, ob ein Verein auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Gerade im Bereich der studentischen Unternehmensberatung gibt es nicht wenige Vereine, die als „Consulting e.V.“ im Vereinsregister eingetragen sind. Hinzu kommt, dass bei der Frage der Täuschungseignung vom vollständigen Namen auszugehen ist, so dass sich eine wertende Betrachtung nur des Namensbestandteils „Consulting“ verbietet (OLG Hamm, Beschluss vom 29.09.2022, Az. 27 W 62/22, Abruf-Nr. 233961).

Quelle: IWW VereinsBrief, Ausgabe 03 / 2023 | Seite 1
Sondergebühren für bestimmte Zahlungsformen

Die Satzung kann bestimmte Zahlungsformen für die Mitgliedsbeiträge festlegen und Zahlungen sanktionieren, die davon abweichen. Ein bloßer Beschluss der Mitgliederversammlung kann das regelmäßig nicht. |

Frage: Die Mitgliederversammlung unseres Vereins hat die künftige Zahlung der Beiträge per Lastschrifteinzug beschlossen und zugleich eine Strafgebühr von fünf Euro festgesetzt, wenn ein Mitglied nicht am SEPA-Verfahren teilnimmt oder Lastschriften widerruft. Ein Mitglied hat uns jetzt darauf hingewiesen, dass solche Gebühren nach der Rechtsprechung des EuGH unzulässig sind. Ist das zutreffend und wie sonst können wir das Zahlungsverfahren durchsetzen?

Antwort: In der Tat hat der EuGH (Urteil vom 02.12.2021, Rs. C-484/20, Abruf-Nr. 233338) mit Verweis auf die Zahlungsdienste-Richtlinie der EU solche Gebühren ausgeschlossen. Das Problem liegt aber zunächst woanders.

Zahlungsform kann nur per Satzung geregelt werden

Die Zahlungsform der Beiträge kann verpflichtend nur in der Satzung geregelt werden. Ein Beschluss der Mitgliederversammlung oder eine Beitragsordnung reichen nicht. Die Satzung kann aber regeln, dass eine bestimmte Zahlungsform per Beschluss oder Beitragsordnung als verpflichtend erklärt werden kann. Unabhängig von der Frage der Strafgebühren war also schon der Beschluss der Mitgliederversammlung zum Zahlungsverfahren unwirksam, wenn keine entsprechende Satzungsregelung bestand.

Zahlungsform und Sanktionen müssen mitgliedschaftlich geregelt werden

Richtig ist, dass durch die Strafgebühr andere Zahlungsformen (z. B. Banküberweisung) mit einem Entgelt belegt werden. Das ist nach Art. 62 Abs. 4 der Zahlungsdienste-Richtlinie der EU im Rahmen von Verbraucherverträgen ausgeschlossen. Verpflichtungen, die per Satzung durch die Mitgliedschaft entstehen, sind aber keine Verbraucherverträge. Bei der Mitgliedschaft in einem Verein handelt es sich zwar um ein Dauerschuldverhältnis. Es liegt in der Regel aber kein Verbrauchervertrag im Sinne der §§ 312 ff BGB vor. Verträge über den Beitritt zu einem Verein oder einer Gesellschaft sind nämlich nicht auf die Erbringung einer Leistung des Vereins gerichtet, sondern begründen lediglich ein entsprechendes Mitgliedschaftsrecht.

Ebenso wie eine Beitragspflicht und ein Zahlungsverfahren kann die Satzung auch Gebühren für Verstöße gegen diese Vorgaben regeln. Es handelt sich dann um kein Entgelt für die Nutzung einer nicht gewünschten Zahlungsform, sondern um eine Vereinsstrafe. Die ist zulässig, wenn sie nicht willkürlich (sachlich unangemessen) oder „grob unbillig“ (deutlich zu hoch) ausfällt. Vor dem Hintergrund spricht nichts gegen eine Zusatzgebühr von fünf Euro.

 

PRAXISTIPP | Zusätzlich kann das Mitglied mit den Bankgebühren für die Lastschriftrückgabe und mit eventuellen Mahnkosten belastet werden. Das muss die Satzung oder Beitragsordnung nicht eigens regeln.

 
Quelle: IWW VereinsBrief, Ausgabe 02 / 2023 | Seite 20 |
 
Kann ein Mitglied Einsicht ins Protokoll der Vorstandssitzung verlangen?

Einfache Mitglieder haben grundsätzlich kein Recht, die Protokolle der Vorstandssitzungen einzusehen. Sie haben aber ein Auskunftsrecht in der Mitgliederversammlung.

Frage: Bisher war ich als einfaches Mitglied zuständig für Fundus und Kostüme unseres Karnevalvereins. Diese Zuständigkeit wurde mir vom Vorstand jetzt entzogen, wobei ich die Vermutung habe, dass das mit falschen Verdächtigungen begründet wurde. Der Vorstand verweigerte mir Auskünfte dazu. Darf ich Einsichtnahme in das Protokoll der entsprechenden Vorstandssitzung verlangen?

Antwort: Anders als bei Protokollen der Mitgliederversammlung besteht ein Einsichtsrecht grundsätzlich nicht. Das haben nur Vorstandsmitglieder.

Einsichtsrecht nur Sonderfall

Zur Einsichtnahme in Versammlungsprotokolle gibt es keine gesetzlichen Regelungen. Die Rechtsprechung hat lediglich die Einsicht in Protokolle der Mitgliederversammlung bejaht. Auch hier muss aber ein berechtigtes Interesse vorliegen. Ein Anspruch zur Einsicht in Protokolle steht regelmäßig nur den Teilnahmeberechtigen ‒ also den Vorstandsmitgliedern ‒ zu. Es muss ‒ wenn die Satzung das nicht anders regelt ‒ nur gewährt werden, wenn ein „berechtigtes Interesse“ vorliegt. Bei Protokollen der Vorstandssitzung besteht das nur im Ausnahmefall. Das kann z. B. gelten, wenn das Protokoll eine Beweisfunktion im Ausschlussverfahren gegen ein Mitglied hat.

Im vorliegenden Fall wird das nicht so sein, weil einem ehrenamtlich tätigen Mitglied keine Rechtsmittel gegen die Beendigung des Auftragsverhältnisses zustehen. Zudem handelt es sich um einen Verein mit freizeitbezogener Tätigkeit. Die Entscheidung des Vorstands hat hier also keine wesentlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen. Die Einsicht ins Protokoll hätte zudem keine Bedeutung in einem Rechtsverfahren (auch nicht bei einem vereinsinternen). Die Beendigung eines Ehrenamtsverhältnisse ist jederzeit möglich und muss auch nicht begründet werden.

Auskunftspflicht im Rahmen der Mitgliederversammlung

Anders als für die Vorstandssitzung besteht aber eine Auskunftspflicht im Rahmen der Mitgliederversammlung. Das ergibt sich schon daraus, dass die Mitgliederversammlung dem Vorstand Weisungen erteilen kann und deswegen über Entscheidungsprozesse ‒ auf Verlangen ‒ informiert werden muss. Das Auskunftsrecht steht jedem Mitglied zu. Es ist dafür weder ein Beschluss der Versammlung nötig noch kann das Auskunftsrecht per Mehrheitsentscheidung verweigert werden. Der Vorstand darf hier keine Auskunft verweigern, die für die kompetente Nutzung der Mitbestimmungs- und Mitgestaltungsrechte der Mitglieder erforderlich ist. Das gilt insbesondere auch, weil die Versammlung den Vorstand auf Antrag anweisen kann, die Personalentscheidung rückgängig zu machen.

Quelle: IWW VereinsBrief, Ausgabe 01 / 2023 | Seite 20 |
Was ist eine Delegiertenversammlung?

Entsenden Vereine Vertreter in die Mitgliederversammlung eines Verbandes, ist das keine echte Delegiertenversammlung. Es bedarf dafür deswegen keiner speziellen Regelung in der Satzung des Verbands. Das hat das LG Potsdam im Fall eines Landessportverbands klargestellt.

Im konkreten Fall hatte ein Mitglied (Verein) die Beschlüsse der Mitgliederversammlung (Verband) angefochten, weil es sich dabei seiner Auffassung nach um eine Delegiertenversammlung handelte, für die es keine Satzungsgrundlage gab. Das LG bestätigte ihm auch, dass eine echte Delegiertenversammlung nur mit entsprechender Satzungsgrundlage zulässig ist.

Im vorliegenden Fall handelte es sich aber um eine Mitgliederversammlung in Form einer „unechten Delegiertenversammlung“, also eine durch Stimmrechtsvertreter besetzte normale Verbandsversammlung. Im Fall des Landessportverbands waren die ordentlichen Mitglieder gemeinnützige Vereine. In einem solchen Fall nehmen grundsätzlich die Vertretungsorgane der einzelnen Mitgliedervereine ‒ meist der Vorstand ‒ die Mitgliederrechte beim Verband wahr.
Sie repräsentieren dadurch ihren Verein sowie dessen Mitglieder. Es spielt dabei keine Rolle, wenn diese Vereinsvertreter in Satzung oder Geschäftsordnung als „Delegierte“ bezeichnet werden
(LG Potsdam, Urteil vom 15.08.2022, Az. 8 O 160/21, Abruf-Nr. 231946).

Wichtig | Eine echte Delegiertenversammlung liegt dagegen vor, wenn die Mitgliedsvereine nicht durch ihre gesetzlichen Vertreter, sondern durch eigens von ihnen gewählte Delegierte in der Verbandsversammlung vertreten werden. Dazu ist eine besondere Satzungsregelung erforderlich. Häufig dürfen die Mitgliedsvereine dabei je nach Zahl der eigenen Mitglieder unterschiedlich viele Delegierte entsenden.

Quelle: IWW VereinsBrief, Ausgabe 11 / 2022 | Seite 1 | ID 48690238
Klage gegen Vereinsmaßnahmen muss zeitnah erfolgen

Aus der Treuepflicht der Mitglieder gegenüber dem Verein folgt, dass Klagen gegen die rechtliche Wirksamkeit von Vereinsmaßnahmen zeitnah erfolgen müssen. In der Regel gilt hier eine Frist von einem Monat, so die OLG Saarbrücken und Schleswig-Holstein.

Im konkreten Fall wollte ein Mitglied die Unwirksamkeit einer Vorstandswahl gerichtlich feststellen lassen. Die Wahl lag aber bereits zwei Jahre zurück. Das OLG Schleswig-Holstein wies die Klage deshalb als unzulässig ab. Die Treuepflicht des Mitglieds gebietet, eine beabsichtigte Klage gegen Vereinsmaßnahmen mit „zumutbarer Beschleunigung“ zu erheben. Andernfalls darf der Verein davon ausgehen, dass das Mitglied die Vereinsmaßnahme akzeptiert, das Klagerecht ist dann verwirkt. Das OLG hat mit Verweis auf eine Entscheidung des OLG Saarbrücken (Urteil vom 02.04.2008, Az. 1 U 450/07, Abruf-Nr. 081334) eine Frist von einem Monat für die Erhebung der Klage genannt (OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 29.06.2022, Az. 12 U 137/21, Abruf-Nr. 230410).

Quelle: IWW VereinsBrief, Ausgabe 08 / 2022 | Seite 1 | ID 48490509
Vorstand: Amtszeitverlängerung gilt unbegrenzt

Bei den meisten Vereinen ist die Amtszeit des Vorstands begrenzt. Die Satzung enthält dann in der Regel eine Amtszeitverlängerungsklausel. Danach bleibt der Vorstand im Amt, wenn die satzungsmäßige Amtszeit ausläuft. Solche Amtszeitverlängerungen gelten nach Auffassung des OLG Schleswig-Holstein unbegrenzt, sofern die Satzung keine Einschränkungen vornimmt. |

 

PRAXISTIPP | Für die Vereinspraxis bedeutet das Urteil (OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 29.06.2022, Az. 12 U 137/21, Abruf-Nr. 230410) zweierlei.

  • 1. Der Verein kann theoretisch auf Neuwahlen verzichten, insbesondere dann, wenn die Amtsinhaber voraussichtlich wiedergewählt werden. Die Amtszeitverlängerung kommt also einer unbefristeten Amtszeit gleich. Allerdings liegt ein Satzungsverstoß vor. Mitglieder (aber nur diese) können also Neuwahlen einfordern.
  • 2. Der Vorstand, dessen Amtszeit abgelaufen ist, muss sein Amt niederlegen, wenn er aus dem Vorstand ausscheiden will.

    Quelle: IWW VereinsBrief, Ausgabe 08/2022
b. Umfasst eine Vorsorgevollmacht auch die Stimmrechtsübertragung im Verein?

Die Stimmrechtsübertragung in der Mitgliederversammlung wirft in der Praxis immer wieder Fragen auf. VB hat folgende Frage erreicht.

Frage: Mein Vater ist schwer erkrankt und hat mir eine Vorsorgevollmacht erteilt, mit der ich auch das Stimm- und Rederecht auf der Mitgliederversammlung eines Vereins, in dem er Mitglied ist, wahrnehmen wollte. Der Vereinsvorstand hat mir das mit Verweis auf die Gesetzeslage verweigert. Zu Recht?

Antwort: Eine solche Vorsorgevollmacht reicht nur im Sonderfall aus. Dazu müsste die Satzung die Stimmrechtsübertragung erlauben und die Vollmacht an sich die Anforderungen an diese Übertragung erfüllen.

Persönliche Ausübung des Stimmrechts und Bevollmächtigung

Nach § 38 BGB sind die Mitgliedschaftsrechte ‒ und damit auch das Stimmrecht ‒ nicht übertragbar. Diese Vorschrift ist zwar „nachgiebig“, abgeändert werden kann sie aber nur per Satzung. Eine Vorsorgevollmacht würde also eine Stimmrechtsübertragung nur dann umfassen, wenn die Satzung diese grundsätzlich zulässt. Doch auch dann wäre fraglich, ob eine allgemeine Vorsorgevollmacht die Satzungsanforderungen an eine solche Stimmrechtsübertragung erfüllt. In der Regel wird das nicht der Fall sein, weil der Verein nicht prüfen kann, ob das Mitglied sein Stimmrecht noch selbst ausüben kann. Die Satzung könnte aber eine entsprechende Möglichkeit schaffen.

Das Gleiche gilt für eine Betreuungsverfügung. Damit schlägt die Person dem Betreuungsgericht lediglich bestimmte Personen als Betreuer vor.

Mitglieder unter Betreuung

Etwas anderes gilt, wenn für das Mitglied gerichtlich eine Betreuung angeordnet wurde. Hier kommt es dann auf Art und Umfang der Betreuung an. Ist der Betreute geschäftsunfähig (das gilt auch für Kinder bis zum Beginn des siebten Lebensjahrs), hat er selbst keine Teilnahmerecht an der Mitgliederversammlung. Dieses Recht (und damit auch das Antrags-, Rede- und Stimmrecht) übt dann der Betreuer für ihn aus.

Statt die vollständige Geschäftsunfähigkeit festzustellen, kann das Gericht aber auch umfassende Einwilligungsvorbehalte anordnen. Die können auch die mitgliedschaftlichen Rechte betreffen. Dann kann der Betreute sein Stimmrecht nur mit Zustimmung des Betreuers ausüben. Hier gilt dann grundsätzlich das Gleiche wie für beschränkt geschäftsfähige jugendliche Mitglieder (im Alter von sieben bis 17 Jahren).

Eine besondere Satzungsregelung ist in diesen Fällen nicht erforderlich. Die Satzung könnte aber das Stimmrecht für diesen Personenkreis auschließen. Von der Teilnahme an der Versammlung ausgeschlossen werden können aber nur Geschäftsunfähige.

Quelle: IWW VefreinsBrief, Ausgabe 05 / 2022 | Seite 20 | ID 48236260
Ukraine-Hilfe: Darf der Vorstand die Weitergabe von Vereinsmitteln allein entscheiden?

Die Weitergabe von Vereinsmitteln für andere gute Zwecke als die eigenen ist Vereinen gemeinnützigkeitsrechtlich zwar erlaubt. Vorstände dürften das aber nicht ohne Weiteres auf eigene Faust machen. 

Frage: Unser gemeinnütziger Bildungsträger (e. V.) hat durch den großen Zulauf zu den Onlineseminaren während der Corona-Pandemie erhebliche Geldreserven angesammelt. Wir möchten einen nennenswerten Betrag für die Ukraine-Hilfe spenden. Brauchen wir dazu die Zustimmung der Mitgliederversammlung?

Antwort: Das ist wohl anzuraten. Beim Thema „Mittelweitergabe“ ist nämlich Vorsicht geboten. Die Mittelweitergabe könnte nicht durch die Satzungszwecke gedeckt sein und den „gewöhnlichen Geschäftskreis“ des Vorstands überschreiten.

Zweckgebundene Mittelverwendung

Die Mittelverwendung für die Satzungszwecke ist nicht nur ein gemeinnützigkeitsrechtliches Gebot. Sie bindet Verein ‒ und damit Vorstand ‒ auch intern. Auch wenn § 58 Nr. 1 AO eine Mittelweitergabe an andere steuerbegünstigte und öffentliche Einrichtungen in unbeschränkter Höhe erlaubt, sind solche Zuwendungen nicht durch die Satzung gedeckt. Der Vorstand würde also gegen seine Vermögenverwaltungspflichten verstoßen, wenn er die Mittel anderweitig verwendet. Sogar der Straftatbestand der Untreue könnte erfüllt sein, weil dieser „Vermögensdelikt“ keine Bereicherungsabsicht voraussetzt.

Mittelverwendung nur im gewöhnlichen Geschäftskreis

Zwar hat der Vorstand im Außenverhältnis eine unbeschränkte Vertretungsbefugnis (soweit die Satzung das nicht einschränkt). Im Innenverhältnis gilt aber, dass Verfügungen außerhalb des „gewöhnlichen Geschäftskreises“ erlaubnispflichtig sind. Mit gewöhnlichem Geschäftskreis sind alle Mittelverfügungen gemeint, die der Vorstand (nicht nur der amtierende) bisher der Art und Höhe nach gemacht hat, ohne dass die Mitgliederversammlung eingeschritten ist. Es handelt sich dabei um eine Duldungsvollmacht, die auch auf ähnliche künftige Fälle übertragen werden kann. War es also schon bisher üblich, dass der Verein Mittel für andere Zwecke weitergab, dürfte der Vorstand, das auch in diesem Fall machen. Andernfalls kann er sich haftbar machen, d. h. er müsste dem Verein den Betrag ersetzen.

Beschluss der Mitgliederversammlung

Aus diesen Gründen sollte sich der Vorstand in der Regel durch einen Beschluss der Mitgliederversammlung absichern. Dafür genügt eine einfache Mehrheit. Einzelne Mitglieder haben also kein Vetorecht. Ist sich der Vorstand sicher, dass er eine Mehrheit für diese Mittelverwendung findet, kann die Zustimmung auch nachträglich erfolgen. U. U. auch erst im Rahmen der turnusmäßigen Entlastung durch eine Jahreshauptversammlung.

Quelle: IWW VereinsBrief, Ausgabe 04 / 2022 | Seite 20 | ID 48129526
Mitgliedsbeiträge nach Dauer der Vereinszugehörigkeit staffeln?

Unterschiedliche Mitgliederrechte und -pflichten sind grundsätzlich möglich, wenn es einen sachlichen Grund dafür gibt.
Hier haben Vereine recht viel Spielraum. Deswegen darf man auch Beiträge staffeln. |

Frage: Der Vorstand unseres Segelvereins hat, wie sich erst jetzt herausstellte, von Neumitgliedern höhere Beiträge verlangt als von Altmitgliedern. Nun kam eine Debatte darüber auf, ob eine solche Differenzierung nicht sogar sinnvoll ist, weil so „altgediente“ Mitglieder in gewisser Hinsicht belohnt würden (ähnlich wie Ehrenmitglieder). Ist eine solche unterschiedliche Beitragshöhe zulässig?

Antwort: Wie für andere Personenzusammenschlüsse gilt auch in Vereinen der Gleichbehandlungsgrundsatz. Er bedeutet, dass Mitglieder schematisch gleichgestellt sind, also gleiche Rechte und Pflichten haben. Dieser Gleichbehandlungsgrundsatz ist aber nicht absolut. Mitglieder dürfen unterschiedlich behandelt werden, wenn es dafür einen sachlichen Grund gibt.

Ungleichbehandlung nur mit Satzungsgrundlage

Eine Ungleichbehandlung muss außerdem ‒ wie alle wesentlichen Rechte und Pflichten der Mitglieder ‒ in der Satzung verbindlich geregelt werden. Aus der genannten unterschiedlichen Beitragshöhe ohne Satzungsgrundlage ergibt sich deswegen ein Rückforderungsanspruch der höher eingestuften Mitglieder gegen den Verein. Je nach satzungsmäßiger Zuständigkeit für die Festlegung der Beitragshöhe können sich auch Ansprüche des Vereins gegen den Vorstand ergeben, etwa weil dem Verein ein Vermögensschaden entstanden ist, wenn Mitglieder nicht den üblichen Beitrag zahlen mussten.

Wann ist eine Beitragsstaffelung sachgerecht?

Für die Staffelung nach Vereinszugehörigkeit stellt sich dann die Frage, ob sie grundsätzlich „sachgerecht“ und nicht willkürlich ist. Da sollte es keine Bedenken geben. Sachliche Gründe für eine solche Beitragsdifferenzierung könnten etwa ein ‒ mit dem Beitritt verbundener ‒ Mehraufwand sein oder, dass „altgediente“ Mitglieder besondere Leistungen einbringen bzw. eingebracht haben.

Wichtig | Es empfiehlt sich, solche Gründe auch zu dokumentieren (z. B. in einer Beitragsordnung), damit sie besser nachweisbar sind.

Mögliche Formen der Beitragsstaffelung

Mit dieser Begründung kann also ein Beitrag eingeführt werden, der nach Mitgliedschaftsjahren gestaffelt ist. Weil ein mit jedem Jahr wechselnder Beitrag aufwändig zu verwalten ist, könnten auch Gruppen gebildet werden (z. B. nach fünf, zehn usw. Jahren Mitgliedschaft). Denkbar wäre aber auch, nur für Neumitglieder höhere Beiträge zu erheben, die dann nach einiger Zeit an den Regelbeitrag angepasst werden.

Quelle: IWW VereinsBrief - Ausgabe 01 / 2022 | Seite 20 | ID 47905335
Verein mit wirtschaftlichem Zweck ist nicht eintragungsfähig

Aus den Beschlüssen des BGH, dass Kindergartenvereine als Idealvereine einzustufen sind, folgt nicht, dass Vereine mit wirtschaftlichen Zwecken eintragungsfähig sind, wenn sie keine Gewinne ausschütten. Das hat das OLG Celle klargestellt.
Geklagt hatte ein Verein, der laut Satzung eine „Dorfkneipe“ betreiben wollte. Das Registergericht hatte die Eintragung zuvor abgelehnt, weil der Betrieb einer Gaststätte keinen zulässigen (Haupt-)Zweck eines Idealvereins darstellen könne. |

Das OLG begründet seine Entscheidung wie folgt: Der Betrieb einer Gastwirtschaft, die hauptsächlich dem Konsum von Getränken dient, ist geradezu der Paradefall eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs im Sinne des § 22 BGB. Ein Verein mit einem solchen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ist nur eintragungsfähig, wenn der Geschäftsbetrieb nicht Hauptzweck des Vereins ist, sondern lediglich ein untergeordneter Nebenzweck (wie z. B. die Vereinsgaststätte eines Sportvereins). Der BGH hat in seinen Kita-Beschlüssen eine entgeltliche wirtschaftliche Tätigkeit nur dann als zulässigen Nebenzweck angesehen, wenn der Verein gemeinnützig ist (BGH, Beschlüsse vom 16.05.2017, Az. II ZB 7/16, Abruf-Nr. 194068 und Az. II ZB 9/16, Abruf-Nr. 194899). Dabei war die Gemeinnützigkeit keineswegs ein unerhebliches Kriterium, sondern von entscheidender Bedeutung. Es genügt für die Behandlung als Idealverein auch nicht, dass die Satzung ausschließt, dass ein erwirtschafteter Gewinn an die Mitglieder ausgeschüttet wird. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb liegt schon dann vor, wenn die Tätigkeit des Vereins auf die Erzielung vermögenswerter Vorteile gerichtet ist. Der Betrieb und Erhalt einer Dorfkneipe erfordert aber die Erwirtschaftung von Einnahmen, also vermögenswerter Vorteile (OLG Celle, Beschluss vom 06.10.2021, Az. 9 W 99/21, Abruf-Nr. 226490).

Quelle: IWW VereinsBrief - Ausgabe 01 / 2022 | Seite 2 | ID 47900520
Teilnahme tatsächlich unmöglich ‒ Beschlüsse anfechtbar

Wird die Mitgliederversammlung in einem Raum abgehalten, der nicht für alle Mitglieder Platz bietet, führt das noch nicht zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse. Es kommt einzig darauf an, ob der Platz für die tatsächlich erschienenen Mitglieder ausgereicht hat. Das hat das KG Berlin klargestellt.

Ein Verein darf mit Rücksicht auf die bisherigen Erfahrungen einen angemessen großen Versammlungsraum wählen. Er muss nicht davon ausgehen, dass alle Mitglieder erscheinen. Nichtig, weil dann ein Ladungsmangel vorliegt, sind die Beschlüsse der Mitgliederversammlung erst dann, wenn erschienene Mitglieder tatsächlich abgewiesen werden müssen (KG Berlin, Beschluss vom 12.02.2021, Az. 22 W 1047/20, Abruf-Nr. 224843). Das ist auch in Hinsicht auf den größeren Raumbedarf zur Einhaltung der Hygienevorgaben unter Corona-Bedingungen von Bedeutung. Sie können Ihre Mitglieder zwar um Voranmeldung bitten, um den Raumbedarf besser planen zu können. Abweisen dürfen Sie Mitglieder, die unangemeldet erscheinen, aber nicht. Es sei denn, Ihre Satzung liefert dafür eine Grundlage.

Quelle: IWW VereinsBrief, Ausgabe 11 / 2021 | Seite 1 | ID 47756246
Einführung eines Sonderrechts: Müssen Mitglieder zustimmen?
Nach § 35 BGB können Sonderrechte eines Mitglieds nicht ohne dessen Zustimmung eingeschränkt werden. Das bedeutet aber nicht, dass bei Einführung eines Sonderrechts alle nicht bevorzugten Mitglieder zustimmen müssen, entschied das OLG Nürnberg.

Im konkreten Fall hatte ein Schützenverein per Satzungsänderung eine Beitragsbefreiung für Ehrenmitglieder eingeführt. Das Registergericht hatte die Eintragung der Neufassung abgelehnt. Bei der Beitragsbefreiung für Ehrenmitglieder handle es sich um ein Sonderrecht, zu dessen Einführung alle nicht bevorzugten Mitglieder zustimmen müssten (§ 35 BGB). Das OLG sah das anders. Zwar sei eine Beitragsbefreiung grundsätzlich ein Sonderrecht i. S. v. § 35 BGB. Die Entziehung eines solchen Sonderrechts könne nur mit Zustimmung des betroffenen Mitglieds erfolgen. Daraus lasse sich aber nicht ableiten, dass auch für die Begründung eines Sonderrechts immer die Zustimmung aller nicht privilegierten Mitglieder erforderlich sei. Deren Zustimmung sei verzichtbar, wenn die Ungleichbehandlung einzelner Mitglieder sachlich gerechtfertigt sei. Die Regelung einer Ehrenmitgliedschaft sei bei Vereinen nicht unüblich und als Anerkennung besonderer Verdienste um den Verein grundsätzlich auch sachgerecht. Das ergebe sich auch daraus, dass die Ehrenmitglieder keine Zuwendungen aus Beitragsmitteln erhalten
(OLG Nürnberg, Urteil vom 14.07.2021, Az. 12 W 2036/20, Abruf-Nr. 225424).

Wichtig | Weil die Ehrenmitgliedschaft mit einer Beitragsbefreiung verbunden wird, verlangt der Gleichbehandlungsgrundsatz aber, dass jedes Mitglied zumindest theoretisch die Chance hat, Ehrenmitglied zu werden. Das war im vorliegenden Fall laut Satzung möglich. Die entsprechende Satzungsänderung bedurfte deswegen nicht der Zustimmung aller Mitglieder.

Quelle: IWW VereinsBrief, Ausgabe 11 / 2021 | Seite 1 | ID 47756244
Sofortiger Vereinsausschluss - Einstweilige Verfügung zulässig

Gegen die Verhängung eines Vereinsausschlusses ist eine einstweilige Verfügung möglich, wenn der Ausschluss sofort wirksam wird. Das LG Köln begründet das damit, dass das ausgeschlossene Mitglied nur so in der Lage war, an der anstehenden Mitgliederversammlung teilzunehmen und dort seine Rechte zu wahren. Die einstweilige Verfügung nimmt die Entscheidung in der Hauptsache auch nicht vorweg. Die Prüfung, ob der Ausschluss rechtmäßig war, kann im Hauptverfahren unverändert entschieden werden. 

Im konkreten Fall was es nach Auffassung des Gerichts dem Mitglied nicht zuzumuten, das vereininterne Ausschlussverfahren abzuwarten (LG Köln, Beschluss vom 19.07.2021, Az. 39 T 72/21,
Abruf-Nr. 224380).

Wichtig | Viele Satzungen sehen vor, dass Mitgliederrechte ruhen, wenn ein Ausschlussverfahren eingeleitet wird. Eine solche Regelung kann im Einzelfall problematisch sein. Das gilt zumindest dann, wenn dem Mitglied zunächst kein rechtliches Gehör gewährt wurde und Vereinsbeschlüsse (Mitgliederversammlung) anstehen, die für das Mitglied von Bedeutung sind.

Quelle: IWW VereinsBrief, Ausgabe 09/2021

Lockerer Umgang mit Mitgliederdaten kann teuer werden

Ein allzu „lockerer“ Umgang mit Mitgliederdaten kann Vereine teuer zu
stehen kommen. Das zeigt der aktuelle Fall des VfB Stuttgart. Der badenwürttembergische
Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit
(LfDI) hat gegen den Verein wegen fahrlässiger Verletzung der datenschutzrechtlichen
Rechenschaftspflicht ein Bußgeld in Höhe von 300.000
Euro verhängt.

Hintergrund | Leitende Mitarbeiter des Klubs hatten wiederholt Mitgliederdaten
an Dritte geschickt, darunter Festnetz- und Handynummern, E-Mail-
Adressen oder Angaben zu Teilnahmen an zurückliegenden Mitgliederversammlungen.
Das stellte einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 2 DSGVO dar. In
solchen Fällen können Bußgelder bis 20 Mio. Euro verhängt werden. Dass die
Datenschutzverstöße für den VfB Stuttgart vergleichsweise glimpflich ausgingen,
lag an der Kooperationsbereitschaft des Fußball-Bundesligisten. Er
hatte die Aufklärungs- und Ermittlungsmaßnahmen des Landesbeauftragten
unterstützt, durch eigene Initiative gefördert und mit der Behörde des Landesbeauftragten
umfangreich kooperiert.

Quelle: IWW-Vereinsbrief, Ausgabe 04-2021

Vereinsregister: Besonderer Vertreter darf anmelden

Vereinsregister: Besonderer Vertreter darf anmelden

| Anmeldungen zum Vereinsregister müssen prinzipiell durch den Vorstand bzw. die Liquidatoren des Vereins in vertretungsberechtigter Zahl erfolgen. Eine Ausnahme gilt, wenn ein besonderer Vertreter nach § 30 BGB ins Vereinsregister eingetragen ist und sein satzungsmäßiger Geschäftskreis (z. B. „Leitung der Geschäftsstelle mit den dazu erforderlichen Vertretungshandlungen und Anmeldungen zum Vereinsregister“) so etwas erlaubt. Dann darf auch er Anmeldungen vornehmen, entschied das KG Berlin. |

 

Wichtig | Besondere Vertreter fungieren in Vereinen oft als „Geschäftsführer“. Diesen Begriff kennt das Vereinsrecht aber nicht. Geschäftsführungsfunktion hat grundsätzlich der Vorstand. Der besondere Vertreter kann nur eine Vertretungsberechtigung für Teilgeschäfte des Vereins haben, weil das Vereinsrecht keine Gesamtvertretungsvollmacht erlaubt (KG Berlin, Beschluss vom 23.07.2020, Az. 22 W 1005/20)

Mitgliederversammlung: Wechsel von einer Präsenz- zu virtueller Versammlung möglich?

Die aktuelle Entwicklung bei den Corona-Zahlen lässt das öffentliche Leben schon wieder erlahmen. Dies betrifft zunehmend auch den Vereinsbereich. Wie geht man mit der Situation um, wenn eine geplante Präsenz-Mitgliederversammlung nicht mehr durchgeführt werden kann? |

Frage: Nachdem wir im Frühjahr unsere Mitgliederversammlung absagen mussten, wollten wir eigentlich im Herbst eine Mitgliederversammlung in Präsenz durchführen. Zu dieser haben wir form- und fristgerecht eingeladen. Auch die Tagesordnung ist den Mitgliedern bekanntgegeben worden. Aufgrund der aktuellen Entwicklung können wir ein persönliches Zusammentreffen nicht verantworten und möchten eine virtuelle Versammlung durchführen. Müssen wir erneut einladen und beginnt dann die Ladungsfrist wieder von vorn?

Antwort: Erneut eingeladen werden muss, wenn die Mitgliederversammlung verschoben wird. Das ist hier aber nicht der Fall.

 

Schutzzweck von Einladungsfrist und Tagesordnung

Eine erneute Einladung ist u. E. nicht erforderlich, wenn Termin und Tagesordnung unverändert bleiben. Nach der vereinsrechtlichen Rechtsprechung hat die Einladung mit der Angabe der Tagesordnung den Sinn und Zweck, dass die Mitglieder sich sowohl terminlich als auch sachlich auf die Mitgliederversammlung vorbereiten können (BGH, Urteil vom 17.11.1986, Az. II ZR 304/85). Die Mitglieder sollen so vor Überraschungen geschützt werden, dass der Verein Beschlüsse fasst, ohne dass die Mitglieder davon Kenntnis hatten.

Wenn Sie also form- und fristgerecht unter Angabe der Tagesordnung eingeladen haben, und die Versammlung nun statt in Präsenz- in virtueller Form stattfindet, müssen Sie keine neue Einladung aussprechen. Sie müssen nur veranlassen, dass die Mitglieder rechtzeitig von der virtuellen Versammlung Kenntnis erlangen und die entsprechenden Zugangsdaten bekommen.

Wichtig | Je früher Sie auf diese Änderung hinweisen, desto besser ist es. Insbesondere, wenn es sich um einen überregionalen Verein handelt und die Mitglieder von weit anreisen und ggf. eine Übernachtung eingeplant haben.

Verschiebung erfordert erneute Einladung

Teilweise ist es jedoch nicht möglich, den Termin zu halten, da die technischen und organisatorischen Dinge geregelt werden müssen. Ist eine Terminverschiebung unumgänglich, müssen Sie die ursprüngliche Versammlung absagen und erneut zur virtuellen Versammlung einladen. Dies muss dann wiederum form- und fristgerecht erfolgen. Bedenken Sie, dass Sie nicht einfach auf die schon versandte Tagesordnung verweisen können. Sie müssen die Tagesordnung wieder in Ihre Einladung aufnehmen. Einladung und Tagesordnung müssen dabei nach § 32 BGB gemeinsam zugestellt werden. Es sei denn, die Satzung regelt das anders.

Quelle: IWW Vereinsbrief - Ausgabe 11-2020| Seite 20 | ID 46956268

Corona-Verordnungen: So gewährleisten Sie den datenschutzkonformen Umgang

| Die ersten Lockerungen im Vereinsbereich sind in Kraft. Die Vereinsgaststätte darf wieder öffnen, Bildungsangebote dürfen gemacht werden, teilweise sind auch Versammlungen wieder möglich. Eine der Auflagen ist, dass Sie nachhalten müssen, wer das Angebot in Anspruch genommen hat. Was in datenschutzrechtlicher Sicht zu beachten ist, hat die Landesbeauftragte für den Datenschutz in Niedersachsen zusammengefasst. |

Erfassungslisten

Wenn Sie die Namen, Anschriften und Kontaktdaten erfassen, müssen Sie gewährleisten, dass diese Daten nicht von anderen gelesen werden können. Entweder erfragen Sie die Daten direkt ein oder geben für jeden Besucher ein gesondertes Blatt aus. Lassen Sie die Besucher selbst in Listen eintragen lassen, müssen Sie die anderen Daten abdecken.

Informationspflichten nach DSGVO

Auch wenn es um den Infektionsschutz geht, müssen Sie die nach der Datenschutz-Grundverordnung erforderlichen Informationen geben. Hierbei handelt es sich um die bereits bekannten Punkte:

  • Anforderungen der DSGVO

Name und Kontaktdaten des Verantwortlichen

Hier geben Sie den Vereinsnamen mit dem vertretungsberechtigten Vorstand an.

Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten

Soweit ein solcher bestellt wurde.

Zweck der Verarbeitung

Behördliche Vorgabe zum Zwecke des Infektionsschutzes

Empfänger

Gesundheitsamt oder eine andere zuständige Behörde

Dauer der Speicherung

Höchstens ein Monat

Hinweise

  • auf das Auskunftsrecht,
  • Berichtigungsanspruch,
  • Löschungsanspruch oder auf Einschränkung der Verarbeitung und
  • Beschwerderecht
  • Hinweis, dass der die Besucher Dienstleistung des Vereins nur dann in Anspruch nehmen kann, wenn er mit der Datenerfassung einverstanden ist.
 

Sonstiges

Sie müssen diese Daten spätestens nach einem Monat vernichten. Dies muss datenschutzkonform, z. B. durch Schreddern, geschehen. Sie dürfen diese Daten der zuständigen Behörde nur auf schriftliche Aufforderung geben. Die Herausgabe sollte ausschließlich per Post oder Bote erfolgen. Eine anderweitige Nutzung der Daten ist unzulässig. Nach Art. 30 DSGVO muss Ihr Verein ein Verzeichnis aller Verarbeitungstätigkeiten führen, die ihrer Zuständigkeit unterliegen. Diese Erfassungslisten müssen Sie dort auch aufnehmen.

Quelle: IWW VereinsBrief |von Rechtsanwalt Michael Röcken, Bonn, www.ra-roecken.de
 
Unlautere Werbung durch Imagewerbung per SMS

Entscheidung: OLG Frankfurt, Urteil v. 6.10.2016, Az.: 6 U 54/16  


I. Vorbemerkung

§ 8 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) spricht dem in § 8 Abs. 3 UWG genannten Klägerkreis einen Beseitigungs- bzw. Unterlassungsanspruch gegen denjenigen zu, der eine unzumutbare Belästigung gem. § 7 UWG vornimmt. Unter eine unzumutbare Belästigung fällt gem. § 7 UWG insbesondere auch die unlautere Werbung.

II. Das Urteil

Ein Autohaus versandte SMS, in denen auf ein Förderungsangebot für regionale, gemeinnützige Projekte durch den Konzern im Rahmen eines Votings hingewiesen wurde. Zuvor war keine Zustimmung der Empfänger eingeholt worden. Das OLG Frankfurt sah in diesen SMS eine unlautere Werbung i.S.d. § 7 UWG und entschied zugunsten der Klägerin. Das Gericht führte zur Begründung für die Wertung als Werbung an, dass die Einladung zum Voting mittelbar der Absatzförderung durch Imagewerbung dienen sollte.

Quelle: Rechtssprechungsübersicht | Jahresabo bei uns im Shop

GEMA-Gebühren bei Wiedergabe in Trainingsräumen?

Entscheidung: Urteil des EuGH v. 31.5.2016, Az.: C-117/15

I. Vorbemerkung

Grundsätzlich löst die „öffentliche Wiedergabe“ von geschützten Werken die urheberrechtliche Vergütung aus. Dies ist in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2006/115 für die Mitgliedsstaaten der EU geregelt. Bei der Frage, wann es sich um eine „öffentliche Wiedergabe“ handelt, stellt der EuGH unter anderem darauf ab, ob die Verbreitung der urheberrechtlich geschützten Werke Erwerbszwecken dient. So sah er eine Zahnarztpraxis in der Entscheidung C-135/10 vom 15. März 2012 nicht in der Pflicht zur Zahlung der Vergütung. Der EuGH begründete dies mit der fehlenden Aufnahmebereitschaft der Patienten.

II. Das Urteil 

In der Rechtssache aus dem Jahr 2016 hatte ein Rehazentrum in Warte- und Trainingsräumen Fernsehgeräte installiert und sich geweigert, die fälligen Gebühren an die GEMA zu überweisen. Der EuGH sah den Inhaber im Unrecht. Er habe sich durch die Wiedergabe der geschützten Werke einen Wettbewerbsvorteil verschafft und diese somit zu Erwerbszwecken genutzt. Der Gerichtshof sah somit das Tatbestandsmerkmal der „öffentlichen Wiedergabe“ als erfüllt an.

Quelle: Rechtssprechungsübersicht | Jahresabo bei uns im Shop

Vorzeitige Heimreise störender Minderjähriger bei Jugendreise

Entscheidung: AG Braunschweig, Urteil v. 21.3.2006, Az.: 116 C 4849/05

I. Vorbemerkung

Gerade bei Jugendreisen ist die Sanktionierung eines Fehlverhaltens der Minderjährigen stets ein brisantes Thema. Als ultima ratio setzen die Aufsichtspersonen in besonders schweren Fällen die vorzeitige Abreise der störenden Jugendlichen ein. Doch ab wann kann der Reisevertrag wirksam fristlos gekündigt werden?

II. Das Urteil

Während einer von einem Verein organisierten Jugendreise verstießen drei minderjährige Teilnehmer grob gegen die Regeln und Anweisungen der Betreuer. In den Teilnahmebedingungen war zuvor vertraglich festgehalten worden, dass Teilnehmer in einem solchen Fall auf eigene Kosten nach Hause geschickt werden. Einer der drei auffälligen Minderjährigen klagte anschließend auf Rückerstattung der anteiligen Reisekosten.

Das AG Braunschweig entschied zugunsten des Vereins. Er nahm ein grob fahrlässiges Verhalten an, da durch das Verhalten des Klägers der Zweck der Reise gefährdet gewesen sei. Den Betreuern sei es zudem nicht möglich gewesen, die Aufsichtspflicht über den Minderjährigen ordnungsgemäß auszuüben. Eine fristlose Kündigung des Reisevertrags nach vorheriger telefonischer Unterrichtung der Eltern sei somit wirksam gewesen und ein anteiliger Rückerstattungsanspruch bestehe nicht.


Quelle: Rechtssprechungsübersicht | Jahresabo bei uns im Shop

Sorgfaltspflichten ehrenamtlicher Fußballtrainer

Entscheidung: OLG Hamburg, Urteil v. 28.4.2015, Az.: 1 Rev 13/15

I. Vorbemerkung

Das Ausmaß der Sorgfaltspflichten von Trainern nimmt immer weiterreichende Dimensionen an. Gerade für Ehrenamtler im Jugendbereich kann diese Fülle an Anforderungen schnell zur Überforderung führen. Im schlimmsten Fall droht dann sogar eine Strafbarkeit bei einer Verletzung der Spieler.

II. Das Urteil

Im vom OLG Hamburg entschiedenen Fall hatte der Trainer einer C-Jugendfußballmannschaft den Spielern aufgetragen, Tore aufzustellen. Anschließend begab sich der angeklagte Trainer in den Geräteraum, während die Minderjährigen versuchten, die Tore aufzurichten. Dabei wurde ein zufällig anwesender Siebenjähriger so schwer verletzt, dass er wenige Stunden später verstarb.

Das OLG Hamburg hob die vorherige Verurteilung durch das AG Hamburg-Harburg wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen auf. Das Amtsgericht sah eine Sorgfaltspflicht durch die Anweisung, die Tore aufzurichten, ohne den Vorgang zu überwachen, als verletzt an. Das Oberlandesgericht gab sich mit der Feststellung der Pflichtverletzung durch das AG nicht zufrieden, stattdessen forderte es eine detailliertere Darlegung.

Es führte zudem die Kriterien für die Bestimmung einer solchen Sorgfaltspflichtverletzung an:

  • Verhaltensregeln der Sportverbände
  • geistig-sittlicher Reifegrad der Teilnehmer
  • zeitliche und örtliche Gegebenheiten
  • Berücksichtigung der ehrenamtlichen, dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeit des Trainers

Quelle: Rechtssprechungsübersicht | Jahresabo bei uns im Shop

Gefälligkeitsfahrten für den Verein

Entscheidung: BGH, Urteil v. 23.7.2015, Az.: III ZR 346/14

I. Vorbemerkung

Die Beförderung von minderjährigen Vereinsmitglieder zu Auswärtspartien durch Eltern oder Verwandte bzw. Bekannte stellt ein sehr praxisrelevantes rechtliches Problem dar. Grundsätzlich genießen meist nur die Vereinsmitglieder einen Versicherungsschutz durch den Verein. Kommt es zum Unfall und damit einer Verletzung bspw. eines Elternteils, kann sich der Verein zivilrechtlichen Ersatzansprüchen ausgesetzt sehen.

II. Das Urteil

Der BGH musste in einem Fall entscheiden, in dem eine Großmutter bei der Auswärtsfahrt ihrer Enkelin in einen Unfall verwickelt wurde und sich Verletzungen zuzog. Die Versicherung des Vereins wies die Ansprüche gegen sich unter Verweis auf die Versicherungsbedingungen zurück. Diese sahen vor, dass neben Mitgliedern nur offizielle Helfer versichert sind.

Die Klägerin wandte sich anschließend mit den Ersatzansprüchen an den Verein. Das zuvor berufene OLG Celle entschied zunächst zugunsten der Dame, ehe der BGH dieses Urteil schließlich aufhob.

Der Bundesgerichtshof begründete seine Entscheidung damit, dass es sich bei der Fahrt nur um eine reine Gefälligkeit gehandelt habe. Anders als bei einem Auftrag i.S.d. § 662 BGB fehle bei einem Gefälligkeitsverhältnis der nötige Rechtsbindungswille, der aus Sicht eines obj. Beobachters zu ermitteln sei. Der Senat führt weiter aus, dass ein solcher Bindungswille bspw. anzunehmen sei, wenn wesentliche wirtschaftliche Interessen auf dem Spiel stünden. Dies sei im zugrunde liegenden Sachverhalt nicht der Fall gewesen. Auch einen Anspruch aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 677 ff. BGB lehnte der BGH unter Verweis auf den Gefälligkeitscharakter der Fahrt ab. Er stellte sogar fest, dass es sich bei Auswärtsfahrten von Minderjährigen durch Familienangehörige zu Sportveranstaltungen grundsätzlich um Gefälligkeiten handele.

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Strafbarkeit des Trainers bei unzureichend gesicherten Sportgeräten

Entscheidung: AG Detmold, Urteil v. 21.1.2015; Az.: 2 Cs-41 Js 489/13-439/14

I. Vorbemerkung

Auch Trainer und Vereinsvorstände haften zivilrechtlich bei einer Verletzung aufgrund unzureichender Sicherungen von Sportgeräten. Doch auch eine Strafbarkeit kann in diesen Fällen in Betracht kommen. Vor allem § 229 StGB, der die fahrlässige Körperverletzung unter Strafe stellt, ist in diesem Zusammenhang von großer Relevanz.

II. Das Urteil

Während eines Jugendhallenturniers stürzte ein nicht gesichertes Tor in einer Nebenhalle auf einen elfjährigen Spieler. Der verantwortliche Trainer – zugleich auch Jugendvorstand – war mit der Organisation des Turniers beauftragt worden. Das AG musste sich mit der Frage beschäftigen, ob sich der Angeklagte wegen fahrlässiger Körperverletzung gem. § 229 StGB strafbar gemacht hatte.

Das Gericht nahm eine Strafbarkeit des Trainers unter Berufung auf sein sorgfaltswidriges Handeln an. Ein wichtiges Argument war dabei seine Position als Jugendvorstand. Eine Sorgfaltswidrigkeit wurde zudem aufgrund der Tatsache angenommen, dass der Trainer Kenntnis von der unzureichenden Sicherung des Tores hatte. Er unterließ es, die Gefahrenquellen zu sichern oder eine Nutzung des Tores zu unterbinden.

Quelle: Rechtssprechungsübersicht | Jahresabo bei uns im Shop

 



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Autor und Herausgeber der "Rechtsprechungsübersicht" ist Stefan Wagner, Jurist, Dozent an der Führungsakademie des DOSB in Köln, Referatsleiter in der Staatskanzlei in Dresden und Mitautor des Loseblattwerks "Der Verein".

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