Das deutsche Steuerrecht ist kompliziert. Unter welchen Bedingungen Ihr Verein steuerbefreit ist und welche Steuern in jedem Fall anfallen, ist nicht immer sofort ersichtlich. Und was müssen Sie als Vereinsvorstand arbeitsrechtlich beachten, wenn Sie Mitarbeiter beschäftigen? Mit dem VVS behalten Sie immer den Überblick über die aktuellsten Entwicklungen in Steuer- und Arbeitsrecht.
Die meisten Vereine rekrutieren den Großteil ihrer finanziellen Mittel über Einnahmen aus Eintrittsgeldern und dem Verkauf von Speisen und Getränken. Müssen Sie diese kleinen Beträge, die in großer Zahl anfallen, kassenmäßig einzeln aufzeichnen? Mit dieser Frage hat sich das BMF auseinandergesetzt).
Aufzeichnungs- von Buchungspflichten unterscheiden
Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) erfordern grundsätzlich, dass jeder einzelne Geschäftsvorfall aufgezeichnet wird. Das gilt generell auch für Bareinnahmen und -ausgaben.
Grundsatz: Pflicht zur Einzelaufzeichnung
Aufgezeichnet werden müssen
- Name und Anschrift des Leistungsempfängers,
- Art der Ware oder Leistung,
- verkaufte Menge,
- Preis und
- Umsatzsteuer.
Im Gegensatz dazu besteht aber keine Verpflichtung, jeden Geschäftsvorfall einzeln zu verbuchen. Es ist also zulässig, der Art nach gleiche Umsätze mit demselben Einzelverkaufspreis in einer Gruppe zusammenzufassen, wenn die verkaufte Menge bzw. Anzahl ersichtlich bleibt (BMF, Schreiben vom 19.06.2018, Az. IV A 4 – S 0316/13/10005 :053, Abruf-Nr. 201924).
Für jeden Vorgang erfasst werden muss auch die Zahlungsart. Im Kassenbuch sind nur Barumsätze zu erfassen. Unbare Zahlungen (Kreditkarte/EC-Umsätze) werden getrennt erfasst.
Ausnahmeregelung für bestimmte Bargeschäfte
Die Einzelaufzeichnungspflicht greift nach § 146 Abs. 1 S. 1 AO nicht, wenn Ihr Verein etwas
- an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen bar verkauft und
- eine offene Ladenkasse verwendet.
Vereinsspezifische Fragen der Kassenführung
Die Erleichterungsregelung gilt aber nur, wenn die einzelnen Beträge gering sind. Was „gering“ bedeutet, haben Rechtsprechung und Finanzverwaltung bisher nicht festgelegt. Sie dürfen aber davon ausgehen, dass die üblichen Beträge, die Sie erzielen, wenn Sie Eintrittskarten, Speisen und Getränke oder Waren auf Basaren verkaufen, davon umfasst sind.
Was ist eine offene Ladenkasse?
Eine offene Ladenkasse ist eine Barkasse, die keine technische Ausstattung hat. Es ist also ein Behältnis für das Bargeld, wie z. B. eine Schublade in der Ladentheke, eine Geldkassette, eine Kiste oder auch eine Schachtel.
Der Einsatz einer offenen Ladenkasse befreit Sie nicht generell davon, jeden einzelnen Geschäftsvorfall aufzuzeichnen. Die Vereinfachungsregelungen gelten nur unter den hier dargestellten Voraussetzungen.
Wichtig | Führen Sie parallel Einzelaufzeichnungen, müssen Sie diese dann auch bei den steuerlichen Aufzeichnungen verwenden. Die Erleichterungsregelung des § 146 AO gilt dann nicht.
Elektronisches Aufzeichnungssystem und Barkasse
Ein typischer „Einzelaufzeichnungsfall“ ist, wenn Ihr Verein ein elektronisches Aufzeichnungssystem verwendet (z. B. elektronische Kassen, Rechnung mit entsprechender Software). Dann müssen Sie grundsätzlich alle Geschäftsvorfälle einzeln aufzeichnen, also über dieses System alle Einnahmen Ihres Vereins laufen lassen.
Eine Ausnahme gewährt die Finanzverwaltung nur, wenn es
- für einen räumlich oder organisatorisch eindeutig abgrenzbaren Bereich
- aus technischen Gründen oder Zumutbarkeitserwägungen unmöglich ist,
- die Einnahmen über das vorhandene elektronische Aufzeichnungssystem zu erfassen.
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In der Vereinsgaststätte verwenden Sie eine elektronische Kasse. Die Eintrittsgelder zu den Sportveranstaltungen erfassen Sie dagegen in einer offenen Ladenkasse, weil diese Veranstaltungen an wechselnden Orten und im Außenbereich stattfinden. |
PRAXISTIPP | Sie haben 2 Möglichkeiten, diesen Fall zu lösen:
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Verkauf an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen
Von einem Verkauf an eine Vielzahl nicht bekannter Personen geht das BMF aus, wenn Sie täglich Barverkäufe an namentlich nicht bekannte Kunden tätigen. Das setzt voraus, dass die Identität des Kunden für die Geschäftsvorfälle nicht von Bedeutung ist. Unschädlich ist, wenn Sie aufgrund außerbetrieblicher Gründe tatsächlich viele Ihrer Kunden namentlich kennen.
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Sie machen ausschließlich Umsätze mit Mitgliedern (z. B. in der Vereinsgaststätte). Das Kriterium „Verkauf an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen“ ist trotzdem erfüllt. |
Diese Regelungen gelten grundsätzlich auch für Dienstleistungen (z. B. bei Eintrittsgeldern zu Veranstaltungen). Dabei muss der Geschäftsbetrieb auf eine Vielzahl von Kundenkontakten ausgerichtet und der Kundenkontakt im Wesentlichen auf die Bestellung und den kurzen Bezahlvorgang beschränkt sein.
Wichtig | Die Ausnahme von der Einzelaufzeichnungspflicht gilt nur für die Bareinnahmen, nicht aber für Betriebsausgaben. Hier müssen Sie immer über die Einzelbelege verfügen. Einzelaufzeichnungen müssen Sie außerdem führen, wenn Ihr Kundenkontakt in etwa der Dauer der Dienstleistung entspricht und der Kunde auf die Ausübung der Dienstleistung Einfluss nehmen kann.
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Das gilt typischerweise für Seminare oder Workshops, wo der unmittelbare Kontakt zu den Teilnehmern nicht auf die Zahlung der Teilnahmegebühr beschränkt ist. In der Regel werden hier außerdem ohnehin Aufzeichnungen über die Teilnehmer geführt, die dann auch steuerlich verwendet werden müssen. |
Die Form der Aufzeichnung
Ist Ihnen die Einzelaufzeichnung nicht zumutbar, müssen Sie die Bareinnahmen anhand eines Kassenberichts nachweisen. Dabei wird immer vom gezählten Kassenendbestand des jeweiligen Geschäftstags ausgegangen. Davon werden der Kassenendbestand des Vortags und Bareinlagen (Eigenbelege) abgezogen. Dazugerechnet werden Ausgaben und Barentnahmen, für die ebenfalls Eigenbelege erforderlich sind.
So ergibt sich die Kasseneinnahme des jeweiligen Tags, die dann in der Buchhaltung als entsprechende Einnahme erfasst wird (z. B. als „Tagesumsatz aus Eintrittsgeldern Kulturveranstaltung“ oder „Tageskasseneinnahme aus Spenden“. Der Kassenbericht hat dann folgendes Berechnungsschema:
Tagesendbestand (gezählter Endbestand zum Geschäftsschluss) |
... Euro |
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./. |
Anfangsbestand (Kassenbestand am Ende des Vortags) |
... Euro |
= |
Zwischensumme (Saldo aus Tageseinnahmen und Tagesausgaben) |
... Euro |
+ |
Kassenausgaben des Tages (mit Belegen nachgewiesen) |
... Euro |
+ |
Geldtransit auf das Bankkonto oder weitere Kassen |
... Euro |
./. |
Barabhebung vom Bankkonto oder Transit aus weiteren Kassen |
... Euro |
= |
Summe der Kasseneinnahmen |
... Euro |
Ein „Zählprotokoll“ (Auflistung der genauen Stückzahl vorhandener Geldscheine und Münzen) ist nicht erforderlich, erleichtert aber das Auszählen. Rundungen oder Schätzungen sind nicht zulässig.
Kasseneinnahmen und -ausgaben müssen Sie täglich festhalten. Tun Sie das ausnahmsweise erst am nächsten Geschäftstag, ist das noch ordnungsgemäß, wenn es dafür zwingende geschäftliche Gründe gab und aus den Aufzeichnungen und Unterlagen sicher entnommen werden kann, wie sich der sollmäßige Kassenbestand entwickelt hat. Sie müssen dann besonders darauf achten, dass Kassenbestand und Kassensoll identisch sind. Wird noch vor „Geschäftsbeginn“ gezählt, ist das natürlich grundsätzlich kein Problem.
Kassen ohne Verkaufspersonal (Vertrauenskassen) müssen Sie nicht täglich auszählen. Es genügt, wenn Sie bei der jeweiligen Leerung zählen. Dann wird ebenfalls ein Kassenbericht nach dem obigen Schema erstellt.
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Solche Vertrauenskassen sind z. B. beim Getränkeverkauf an Mitglieder üblich („Kaffeekasse“). Das Gleiche gilt auch bei Spendensammeldosen. Bei Leerung der Kassen/Sammeldosen wird gezählt und der Transfer in eine andere Kasse oder auf das Bankkonto auf dem erstellten Bericht entsprechend vermerkt. |
Wichtig | Solche Vertrauenskassen sind Nebenkassen, für die – wie bei anderen Nebenkassen – ein eigener Kassenbericht erstellt werden muss. Auch für Nebenkassen gilt, dass sie „sturzfähig“ sein müssen. Aufgezeichnetes Kassensoll und tatsächlicher Bestand müssen also immer übereinstimmen.
Digitale Kassenbücher
Tabellen, die Sie mit Standardsoftware (z. B. Office-Programmen) erstellen, sind nicht manipulationssicher. Sie entsprechen nicht den Vorschriften. Das gilt z. B. für ein Kassenbuch, das mit einer Tabellenkalkulation geführt wird. Eine Kassenbuch-Software erkennt das Finanzamt nur dann als ordnungsgemäß an, wenn
- eine nachträgliche Änderung unmöglich bzw.
- eine Änderung – sofern möglich – mit einem entsprechenden automatisch vom Programm gesetzten Vermerk versehen wird.
PRAXISTIPP | Wenn Ihr Verein Einnahmen und Ausgaben per Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt, müssen Sie kein Kassenbuch führen. Bei der Einnahmen-Überschussrechnung gibt es keine Bestandskonten und damit auch kein Kassenkonto. Sie erfüllen Ihre Aufzeichnungspflichten, wenn Sie Kassenabrechnungen geordnet aufbewahren. |